Im Gehirn von Alzheimer-Patienten sind ähnliche Entzündungsprozesse wie bei einer Infektion. Ein internationales Forscherteam hat neulich bestätigt, dass eine Infektion des Hirngewebes mit dem Erreger von Zahn- und Zahnfleischerkrankungen Porphyromonas gingivalis eine Ursache der Demenz sei. Die freigesetzten Enzyme dieser Bakterie führt zum Absterben von Hirnzellen. Ein Medikament hat bei Mäusen die Vermehrung der Erreger und die fortschreitende Alzheimer-Krankheit verursacht.

„Schon früher gab es Hinweise auf eine Beteiligung von Krankheitserregern bei der Entstehung und dem Fortschreiten der Alzheimer-Demenz, aber es fehlte der überzeugende Nachweis einer ursächlichen Beziehung“, sagt Stephen Dominy vom Pharmaunternehmen Cortexyme, Inc. in South San Francisco. Er und seine Kollegen untersuchten, welche Rolle der Parodontitiserreger Porphyromonas gingivalis bei der neurodegenerativen Erkrankung spielt. Das Bakterium kommt nicht nur im Mundraum vor, sondern wurde vereinzelt auch in anderen Körperregionen nachgewiesen. Die Forscher analysierten zunächst Gewebeproben aus den Gehirnen verstorbener Menschen mit und ohne Alzheimer.

Für Porphyromonas gingivalis sind die Gingipaine lebensnotwendig, da die Spaltprodukte der Enzyme den Bakterien als Nahrung dienen. Wie Experimente mit Mäusen zeigten, können die Erreger von einem Infektionsherd im Mund aus bis in das Gehirn vordringen – möglicherweise über Hirnnerven oder aus dem Blut durch Überwinden der Blut-Hirn-Schranke. Das führt schließlich zur krankhaften Ablagerung dieser Eiweißstoffe und es entstehen die typischen Plaques. Je mehr Gingipaine im Gehirn der Alzheimer-Patienten erkennbar waren, desto schlimmer war die Neurodegeneration. Die bakteriellen Enzyme lassen sich auch in der Rückenmarksflüssigkeit von Patienten mit Alzheimer-Symptomen nachweisen und könnten sich daher für diagnostische Zwecke eignen.

Mit Medikamenten, die Gingipaine blockieren haben Forscher das fortschreitende Absterben von Hirnzellen gestoppt. Der Einsatz eines Breitspektrum-Antibiotikums war gegen Alzheimer nicht wirksam, weil die Bakterien schnell resistent wurden. Eine Resistenz gegen die neuen Hemmstoffe wurde nicht beobachtet. Gingipaine waren auch im Hirngewebe verstorbener Menschen nachweisbar, bei denen zwar Beta-Amyloid-Plaques vorhanden waren, die aber noch keine Anzeichen einer Demenz entwickelt hatten. Das heißt, dass die bakterielle Infektion des Gehirns bereits vor dem Ausbruch der Krankheit erfolgte und nicht nur die Folge schlechter Zahnpflege aufgrund einsetzender Demenz gewesen sein kann.

Auch bei Menschen mit gesunden Zähnen können im Mund Porphyromonas gingivalis-Bakterien vorkommen. Menschen mit Parodontitis – und damit stark erhöhten Keimzahlen – haben ein größeres Risiko, an Alzheimer zu erkranken, wie andere Studien gezeigt haben.

© Wissenschaft aktuell Quelle: „Porphyromonas gingivalis in Alzheimer’s disease brains: Evidence for disease causation and treatment with small-molecule inhibitors“, Stephen S. Dominy et al.; Science Advances, DOI: 10.1126/sciadv.aau3333

Parodontitis kann Alzheimer begünstigen

Alzheimer ist eine neurodegenerative Erkrankung. Die Leistungsfähigkeit des Gehirns und das Erinnerungsvermögen lassen bei der Krankheit stark nach. Betroffen sind ältere Menschen – nur rund jeder 100. unter den 65- bis 69-Jährigen, aber jeder Dritte unter den über 90-Jährigen. Die Zahl der Alzheimer-Patienten in Deutschland auf etwa 700.000 geschätzt. Bis 2050 wird ein Anstieg der Patientenzahl auf über zwei Millionen erwartet.

Wer Parodontitis vorbeugt, beugt auch Alzheimer vor. Und den anderen genannten Erkrankungen, die durch parodontale Keime im zahnfleisch befördert werden. Die Schäden an Zähnen und am Zahnfleisch durch Parodontitis ist Grund genug für eine gründliche Vorsorge und regelmäßige Kontrolluntersuchungen.