Neben dem Slogan einigen Zahnarztpraxen und Zahnketten, Zahnersatz 0 % Zuzahlung, Prophylaxe: 55,00 Euro, Bleaching: 299,00 Euro, Veneers: 399,00 Euro, Implantate: 999,00 Euro steckt sehr oft eine Werbung dahinter.
Junge und unerfahrene Zahnärzte werden von Investoren angelockt und mit Zahnersatz aus schlechter Qualität aus China wird versucht, den Patienten in diese Franchise Praxen anzulocken.
Über 20 Milliarden Euro werden jährlich in Deutschland auf dem Dentalmarkt umgesetzt. Fünf Milliarden Euro davon wird mit Zahnersatz erwirtschaftet. Seit der Gesundheitsreform von 2005 haben die Krankenkassen ihre Zuzahlungen für Goldkronen, Keramik-Inlays und Kunststoff-Füllungen reduziert. Die Patienten müssen seitdem mehr selbser zahlen. Die Politik unterstützt zudem den Wettbewerb unter den Zahnärzten und Zahnechnikern, um die Preise niedrig zu halten.
Zahnmedizin war in den 70 er Jahren ein einfaches und hochprofitables Geschäft. Es waren goldene Zeiten. Selbst die gesetzlichen Kassen übernahmen noch ohne Probleme fast alle Kosten von teuren Zahnersatzarbeiten aus Gold. Es gab einige Jahre, wo alle Teleskoparbeiten aus Gold 100 % von den Krankenkassen bezuschusst wurden. Die Standespolitik der Zahnärzte wusste ganz genau, dass durch diese Politik die Krankenkassen schnell pleite gehen würden. Es war auch so, dass die Kassen nach einigen Jahren leer waren und eine neue Gesundheitspolitik kommen musste, wo die Patienten alles von den Zahnärzten verlangen können, aber mit erheblichen Eigenanteilen. Das war dann die Liberalisierung der staatlichen Zahnmedizin. Bis dahin wusste keine Kassenpraxis von Veneers und kosmetischen Zahnmedizin mit Klebebrücken aus Vollkeramik, weil die Krankenkassen nichts bezuschusst haben. Als ich aus Belgien nach Deutschland kam, wunderte ich mich auf so vielen Zahnersatz und Amalgamfüllungen im Mund der Kassenpatienten. Die Privatpatienten hatten damals den Mund voll mit Goldfüllungen. Als ich eine Zahnbehandlung brauchte, hat mir die Kollegin sofort eine Goldfüllung gelegt. Auf meine Frage, wieso es aus Gold sein muss, zeigte sie mir Ihren Kiefer voll mit Goldinlays. Ich habe aber eine ästhetische Zahnmedizin mit Keramikfüllungen und hochwertigen Composite Materialien in der Uni in Brüssel gelernt. Nun, ich habe verstanden, dass in Deutschland damals nur die Arbeiten durchgeführt wurden, die die Krankenkassen bezahlt haben. Ich denke aber, dass die Politik in der Medizin nichts zu tun hat. Leider ist aber die Medizin so hoch modernisiert, dass bestimmte wichtige lebensnotwendige Untersuchungsmethoden in den Kassenpraxen für die Kassenpatienten nicht mehr möglich sind. Ich wurde z.B. in Nordrhein jedes Jahr von den Krankenkassen mit meinen Röntgenbildern bestellt, um die Notwendigkeit zu erklären. In Westfalen Lippe hat die KZV pauschal jährlich die Röntgenbilder gestrichen. dabei sind diese digitalen Röntgenbilder sehr wichtig, um eine Tumorerkrankung frühzeitig zu erkennen.Dem Patienten steht eine moderne Zahnmedizin mit digitalem Röntgen zur Erkennung von Frühkaries und Krebsvorsorge zu. Meine Kollegen in Frankreich können über die Krankenkasse 3 D Röntgenaufnahmen abrechnen, um eine Wurzelfüllung oder Implantattherapie durchzuführen. In Deutschland sind diese modernen Untersuchungsmethoden den Kassenpatienten wegen den hohen Kosten zur Zeit leider als Kassenleistung nicht möglich.
Die Zahnärztekammer und die Kassenzahnärztlichen Vereinigungen haben jahrelang versucht den Spezialisten in der Zahnmedizin in Deutschland zu verhindern. Weiterbildungen in den Fachgebieten waren nicht möglich, damit ein unlauter Wettbewerb unter den Zahnärzten nicht herrscht. Es gab nur Kassenpraxen und die Krankenkassen haben jahrelang diktiert, damit die Patienten im Seitenzahnbereich unästhetische Metallkronen bekommen. Die Politik hatte die Zahnmedizin als Experimentierfeld entdeckt. Dort geht es selten um Leben oder Tod, und man kann sich trefflich streiten, ob ein fehlender Zahn nicht nur ein ästhetisches Problem des Patienten ist, für das er selbst geradestehen muss. Statt beispielsweise die vollen Kosten für eine Krone zu übernehmen, zahlten die gesetzlichen Kassen nur noch einen prozentualen Anteil von 50 bis 65 Prozent des vom Zahnarzt eingereichten Heilund Kostenplans. Statt 400 Euro überwiesen sie nur noch bis 260 Euro, die restlichen 140 Euro musste der Patient übernehmen. Natürlich gab es auch immer noch eine kostenlose Alternative. Aber welcher Patient wollte noch Amalgam, nachdem das als ungesund erklärt wurde?
Nun standen viele Zahnärzte vor neuen Fragen: Wie bewegt man gesetzlich Versicherte dazu, für ein Inlay ein paar Hundert Euro zuzuzahlen? Wie lockt man Privatpatienten an? Wie macht man überhaupt auf sich aufmerksam? Nach und nach rüsteten immer mehr ihre Praxen auf. Plötzlich gab es überall Minibars, Ledersessel, hübsche Assistentinnen, Lounge-Ecken, Meeresrauschmuscheln und Öffnungszeiten bis 21 Uhr. Aber es gab auch immer mehr Menschen, die aus Kostengründen ihre Zähne vernachlässigten. Der Verein Deutsche Zahnhilfe geht davon aus, dass ein Viertel der gesetzlich Versicherten keinen Zahnersatz in Anspruch nimmt.
Ab 2005 änderte sich die Zuzahlungsregelungen: Zahlte die Kasse bis dahin einen prozentualen Anteil der geplanten Behandlung, überwies sie nun nur noch einen befundorientierten Festzuschuss. War in den Augen der Krankenkassen also etwa eine Krone die passende Behandlung, so erhielt der Zahnarzt einen festen Zuschuss von rund 175 Euro – unabhängig davon, ob die Krone, die der Arzt einsetzen wollte, 350 oder 500 Euro kosten sollte. Dafür wurde ihm offiziell erlaubt, billigen Zahnersatz aus dem Ausland zu verwenden.
In der Zeit entstanden die Zahnarztketten mit ausländischen Zahnlaboren.
Zwar liegt der Anteil ausländischen Zahnersatzes, der in deutschen Praxen verarbeitet wird, derzeit lediglich bei rund zehn Prozent, wie eine gemeinsame Studie der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung und der Bundeszahnärztekammer ermittelt hat.
Die Zahntechniker sehen das ganz anders. „Nur durch eine Zusammenarbeit des Zahnarztes mit einem Zahntechnikerlabor vor Ort kann qualitativ hochwertiger Zahnersatz entstehen“, sagte der Geschäftsführer der Zahntechniker-Innung für den Regierungsbezirk Düsseldorf. Er klagt darüber, dass seine Branche massive Umsatzeinbußen habe hinnehmen müssen und in den vergangenen fünf Jahren 20 000 Arbeitsplätze verloren gegangen seien. Mit deutschen Kassenbeiträgen würden Zahntechniker in China bezahlt. Der Konkurrenz aus Fernost begegne man derzeit mit einer Qualitätsoffensive, die die Vorzüge der guten Handwerkerleistung vor Ort transparent mache.
Die Bedeutung der Nachteile des ausländischen Zahnersatzes steigt mit der Komplexität des Zahnersatzes und den ästhetischen Ansprüchen des Patienten. Diese Probleme können allerdings durch die unerfahrenen jungen Zahnärzten in diesen Zahnarztketten nicht aufgefangen werden. Deutsche Zahntechniker werden die schlecht bearbeiteten Geschiebekasten und die Innenteleskope nicht in Ordnung bringen. Um diese hochwertige Technik richtig zu beherrschen, muss man in Deutschland eine Meisterschule besuchen und die deutsche Präzision in der Zahntechnik beherrschen.
Da die Menschen heute besser auf ihre Zähne aufpassen, ist Zahnersatz seltener nötig als früher. Zudem schaffen sich immer mehr Zahnärzte computergestützte Fräsmaschinen an, mit denen sie Keramik-Inlays oder -Kronen in der Praxis herstellen können – ganz ohne Zahntechniker.
Viel mehr Sorgen haben heute die Kassenzahnärztlichen Vereinigungen mit den großen Unternehmen, die seit 2003 auf dem Dentalmarkt flächendeckend mit so vielen Praxen wie möglich Kooperationsvereinbarungen treffen. Anschließend handeln sie Verträge für die unter ihrem Dach zusammengeschlossenen Praxen mit den Krankenkassen aus zu günstigeren Tarifen. Im Gegenzug versprechen die Kassen, ihre Patienten in die Vertragspraxen zu schicken, wo sie für eine gute Auslastung sorgen.
Die Folge: Die Zahnärzte, die sich beteiligen, haben oft volle Wartezimmer, dafür sinken ihre Honorare.Viele haben Angst, dass bald nicht mehr Zahnärzte, sondern Manager das Sagen in der zahnmedizinischen Versorgung haben könnten, die Praxen in einem ruinösen Preiskampf gegeneinander ausgespielt werden und dabei die Qualität auf der Strecke bleibt. Zudem ist das Recht der Patienten auf freie Arztwahl gefährdet.