Die Blutgerinnung bei zahnärztlich chirurgischen Eingriffen

Die Patienten mit Vorhofflimmern werden heute dauerhaft unter oraler Antikoagulation ( Blutgerinnung) eingestellt. Bei dieser Herzrhythmusstörung besteht ein erhöhtes Embolierisiko, das bei vielen Patienten durch die Gerinnungshemmung gesenkt werden muss. Ein anderer Grund sind Thrombosen (meist der Beinvenen), hier soll die Antikoagulation die weitere Ausdehnung der Thrombose und später ein Wiederauftreten verhindern

Orale Antikoagulation war bis vor einigen Jahren der formale Begriff für die (dauerhafte) medikamentöse Behandlung mit Cumarin-Derivaten (Vitamin-K-Antagonisten) zur Hemmung der Blutgerinnung (Antikoagulation).

Alle Patienten mit Vorhofflimmern über 65 Jahre sollen nach den neuen Leitlinien antikoaguliert werden.

Die Patienten mit Klappenprothesen oder einem Zustand nach tiefen Beinvenenthrombosen bzw. Lungenembolie werden seltener antikoaguliert.

Da früher nur Phenprocoumon (Marcumar®) verwendet wurde, hieß diese Maßnahme umgangssprachlich „Marcumarisierung“. In der DDR wurde Warfarin (Falithrom®) eingesetzt.

Acetylsalicylsäure (Aspirin®) und andere Medikamente können auch eingenommen werden, sind aber keine Antikoagulantien, da sie nicht in die plasmatische Gerinnung eingreifen.

Seit der Einführung der neuen oralen Antikoagulantien (NOAK) ist dieses eindeutige Synonym nicht mehr gegeben, da es jetzt verschiedene Möglichkeiten der oralen Antikoagulation mit folgenden Medikamenten gibt:

-Dabigatran (Pradaxa®)

-Apixaban (Eliquis®)

-Edoxaban (Lixiana®)

– Otamixaban

-Rivaroxaban (Xarelto®)

Als Hauptvorteile der NOAK sind die einfache Anwendung und der Wegfall regelmäßiger Gerinnungskontrollen zu nennen. Dieser Vorteil ist noch medizinisch umstritten.

Bei kleinen Angriffen wie Zahnextraktionen müssen auf die Einnahme dieser Medikamente nicht unbedingt verzichtet werden:

-Bei Vorhofflimmern-Patienten mit geringem Risiko ist eine Unterbrechung der Einnahme des Medikamentes und Wiedereinnahme nach dem chirurgischen Eingriff unproblematisch.

-Beim mittleren und hohen Thromboembolierisiko sollte nach Absetzen des Vitamin-K-Antagonisten (Blutverdünner) nach dem Eingriff und bei der Wiedereinnahme des oralen Antikoagulation zusätzlich Heparin gegeben werden, bis der Ziel-INR-Wert erreicht ist.

Für Patienten mit einem Herzklappenersatz gilt:

-wenn eine Zweiflügel-Aortenklappenprothese und Vorhofflimmern, ein Schlaganfall in der Anamnese, eine Hypertonie, ein Diabetes mellitus,; eine dekompensierte Herzinsuffiziens oder ein Alter über 75 Jahre vorliegen, liegt ein mittleres Risiko vor.

-bei Mitralklappenprothesen oder Aortenklappenprothesen älteren Typs liegt immer ein hohes Thromboembolierisiko vor.

Bei einem mittleren Risiko empfiehlt sich die halbe, bei einem hohen Risiko die volle Dosierung des niedermolekularen Heparin bei der Wiedereinnahme der oralen Antikoagulanz zu nehmen, bis der Ziel-INR-Wert erreicht ist.

Es gibt für die Patienten mit NOAKs wenig Erfahrungen über das perioperative Gerinnungsmanagement. Von den Herstellern wird ein Absetzen des Medikamentes vor 24 bis 48 Stunden vor dem Eingriff empfohlen. Nach dem Eingriff kann das Medikament wieder bei gesicherter Blutstillung eingenommen werden und eine Heparin Therapie entfällt.

 

Bei einer INR-Wert 2-3 ist eine Unterbrechung der Medikation vor dem Zahnziehen nicht notwendig und es muss nicht mit Heparin überbrückt werden. Bei den Zahnextraktionswunden sollte eine bessere Wundversorgung mit Tamponnaden und Nähten erfolgen.

(Umrechnungstabelle INR-Quick wurde von Keller Medical GmbH,Wiesbadener Weg 2A 65812 Bad Soden zur Verfügung gestellt.)

Acetylsalicylsäure

Die Acetylsalicylsäure (Handelsprodukte: z. B. ASS 100, Aspirin protect) wird zur Vorbeugung von Herzinfarkt und Gehirnschlag eingesetzt. Die Acetylsalicylsäure wirkt in den Blutplättchen – diese sind für die Blutgerinnung zuständig. Das Medikament hemmt die Fähigkeit dieser Blutplättchen zur Blutgerinnung. Die Wirkung der Acetylsalicylsäure besteht während der gesamten Lebensdauer eines Blutplättchens, also sieben bis zehn Tage lang.
ASS muss für die die zahnärztlichen Eingriffe nicht abgesetzt werden, da es sich, auch bei geplanten Zahnentfernungen, meist um Behandlungen mit niedrigem Blutungsrisiko handelt.
In Ausnahmefällen (z. B. schwierige Entfernung von Zähnen, größere chirurgische Eingriffe, etc.) ist es ratsam, das Medikament vorab abzusetzen.
Patienten, die unter einer koronaren Herzkrankheit leiden, aber noch keinen Herzinfarkt erlitten haben, können ASS fünf Tage vor dem zahnärztlichen Eingriff absetzten. Am Tag des Eingriffs kann mit der Einnahme wieder begonnen werden. Patienten, die erst kürzlich einen Herzinfarkt erlitten haben, sollten in den ersten sechs Monaten nach dem Infarkt, das ASS nicht absetzen.

Die Acetylsalicylsäure wirkt nicht allein auf die Blutgerinnung. ASS hat auch einen vorbeugenden Schutz vor bösartigen Tumoren, insbesondere vor Darmkrebs.
Ferner wurde festgestellt, dass bestehende Tumoren unter der Einnahme von ASS weniger Metastasen bilden und die Tumorsterblichkeit unter Einnahme von ASS zurückgeht.